Ein Verein im Wandel der Zeit – Teil 1

1854 – 1948
Aus der Gründungszeit unseres Schützenvereins liegen leider nur sehr wenige Unterlagen vor. Fast alles ist in den beiden Weltkriegen verloren gegangen. Wir[nbsp] erlauben wir uns daher, aus einer von Peter Vander zum 110-jährigen Jubiläum des Schützenverein Klein-Jerusalem verfassten Chronik zu zitieren.
Diesen, und den gesamten nachfolgenden Text in allen drei Teilen, haben wir mit alten Fotos aufgelockert. So sehen Sie hier die drei ältesten erhaltenen Königsfotos.

(Anfang des Zitats)
Der Name „Klein Jerusalem“ ist einem Heiligtum eigen, der von dem Priester Gerhard Vynhoven gestifteten Wallfahrtskapelle am Ortsausgang von Neersen. Vynhoven erbaute sie vor fast 350 Jahren, 1656 – in Erinnerung an die Stätten des Heiligen Landes, die er besucht hatte. Er versinnbildlichte hier die Stätten der Geburt und des Todes des Herrn.

Die Kapelle lag einsam in der Feldflur der Eickerheide, nur von einigen Bauernhöfen umrahmt. In den folgenden Jahrhunderten bildete sich bei der Kapelle ein Kranz von Häusern. Dieser Bezirk trug den Namen: An der Kapelle Klein Jerusalem. Schon immer war den Anwohnern die Pflege und Verschönerung ihrer Kapelle ein Herzensbedürfnis.

Vor 150 Jahren, 1854, schlossen sich die Anwohner zu einem „Gelogspell“ zusammen. Diese alte Benennung kann man von „Gelage“ = geselliger Zusammenkunft und „Spell“ von Kirchspiel, im Sinne von „Kirmesspiel“, übersetzen. Bei dem Spell handelte es sich nicht um eine kirchliche Bruderschaft, sondern um einen weltlichen Verein, der sich nach mündlicher Überlieferung die Pflege des nachbarlichen Brauchtums zur Aufgabe gestellt hatte. Alle alten Akten und Bücher, einschließlich zweier Fahnen, diese erst am Ende des zweiten Weltkrieges, sind verlorengegangen. Auf das Gründungsjahr weist ein Silberstern hin mit der Inschrift: „Klein Jerusalemer Schützenverein, gegründet 1854“. Wahrscheinlich ist der Stern aus späterer Zeit. Das Spell hatte keinen König. Es wählte jährlich ein „Heer“ (=Präsidenten) und vier „Heeresknechte“. 1866 wandelte man das Spell in einen „Schützenverein Klein Jerusalem“ um, betrieb Schießsport und schoss den Königsvogel. Daneben dachten die Mitglieder an ein gutes nachbarliches Verhältnis. Seinen Mitgliederbezirk hatte der Verein noch dem „Neersener Pflaster“, wie es in den Statuten des Jahres 1913 heißt, bis Beckershöfe. Damals war die Hauptstraße in Neersen nur bis zum Saal „Biedemann“ gepflastert, hier war die Grenze des Vereins. Die Bewohner der Nordseite der Kicken- und Friedhofstraße und des Sandweges bis Klapdohr rechneten mit.

Die Könige des Vereins sind ab 1879 überliefert, aber nur unvollständig, da verschiedene Platten verloren gingen. Der König des Jahres 1884 nannte sich der siebente. Die Platten des Königssilbers zeigen verschiedene Motive, wie die Kapelle, das Wappen Vynhovens, Abbildungen der Namenspatrone, Sterne mit Krone und preußischem Adler oder dem Eisernen Kreuz. Der König von 1879, Karl Schwengers, der 50 Jahre später Jubelkönig war, setzte Bauer, Pferd und Pflug in seinen Schild.

Seit 1900 haben „die Kapeller“ mit Ausnahme der Kriegsjahre fast jährlich den „Vogel geschossen“ und das Schützenfest gefeiert. Früher fand der Vogelschuss bei Kresken an Beckershöfe statt. Mit Trommeln und Flöten zogen die Mitglieder dorthin. Der letzte König gab den ersten Schuss ab und legte das Königssilber auf eine Stange, um es später dem neuen König umzuhängen. Das Schützenfest wurde am Sonntag nach Mariä Geburt, dem Kirchweihtag der Kapelle gefeiert.

(Ende des Zitats)